Pankow-Museum Berlin

Besuch am Sonntag, 22.5.2022, ca 1 Std. Das ‚Museum Pankow. Regionalgeschichtliches Museum für Pankow, Prenzlauer Berg und Weißensee‘ zeigt seine Dauerausstellung ‚Gegenentwürfe. Der Prenzlauer Berg vor, während und nach dem Mauerfall‘ in zwei ehemaligen Klassenräumen im 1. Stock einer früheren Schule an der Prenzlauer Allee gegenüber der Immanuelkirche. Auf dem Areal befinden sich in der ehemaligen Turnhalle weitere Räume für Sonderausstellungen. Zwei örtlich getrennte, ebenfalls räumlich nicht sehr umfangreiche Dependancen, die ich nicht besucht habe, gehören auch zum Museum. Träger des Museums, das in Anfängen auf die 1970er Jahre zurückgeht, aber viele Ortswechsel und Umgestaltungen erfahren hat, ist der Bezirk Pankow.

Blick in die Ausstellung
Foto: Gerd Walther

Die beiden umgewandelten Schulräume mit insgesamt 100 qm Fläche gehen in der großen Gemeindedoppelschule von 1886 etwas unter (und sind auch nicht leicht zu finden). Einem Museum tut man damit keinen Gefallen. Dabei ist der Ansatz der Ausstellung mit ihrer Konzentration auf 7 Stationen am Prenzlauer Berg gerade in seiner örtlichen wie zeitlichen Beschränkung rund um die Zäsur von 1989/90 durchaus interessant, kann man so doch Durchstiche in die Tiefe machen. Im Wesentlichen werden die Probleme der DDR am Beispiel der Bewohner des Prenzlauer Bergs intensiv und anschaulich dargestellt – inkl verschiedener Lösungsansätze ‚von oben‘, durch die Bewohner und von außerhalb nach der Wende. Es geht um die auch mittels Stadtplan lokalisierten Themen ‚Oderberger Straße – Freiräume schaffen‘, ‚Fröbelstraße – Macht und Ohnmacht‘, ‚Gethsemanekirche – Opposition im Sozialismus‘, ‚Rykestraße und Kollwitzplatz – Freiräume nutzen‘, Helmholtzplatz – Die Häuser, die Menschen und der Wandel‘, ‚Greifswalder Str. 212 – Wirtschaft und Alltag‘ sowie ‚Ernst-Thälmann-Platz – Sozialistische Stadtplanung‘.

Insgesamt ist die Ausstellung textintensiv, wobei die jeweils erläuternden Texte durch viele Schrift-Dokumente und Fotos ergänzt werden. Das hängt wohl auch mit einer gleichnamigen Veröffentlichung des Museumsleiters Bernt Roder im Jahr 2011 zusammen, wobei ich nicht weiß, was zuerst da war. Dreidimensionale Exponate gibt es wenige, was weiter nicht schlimm ist, da Texte und Fotos ein sehr intensives und anschauliches Bild von Ort und Zeit und Menschen geben. Ergänzend kommen manchmal Video- und Tondokumente dazu. Die waren bei meinem Besuch wg Corona nicht eingeschaltet, obwohl außer mir und der Aufsicht in der Ausstellung niemand war – und vermutlich auch sonst nicht mehr allzu viele Besucher kommen. Denn die Ortsansässigen und sonstwie Interessierten haben die Ausstellung, die zeitlich und thematisch um das Jahr 2000 endet, wohl schon gesehen.

Hinterhöfe am Prenzlauer Berg, Juli 1987
Foto: Jürgen Hohmuth
Abfotogragiert: Gerd Walther

Hier liegen das große Problem, aber auch die ebenso große Chance für die interessante Präsentation. Sie befindet sich in ihren beiden Klassenzimmern abgekapselt und isoliert am falschen Ort. Es wäre doch interessant zu verfolgen, wie das Leben am Prenzlauer Berg an genau diesen Orten bis in die Gegenwart weiter ging, indem man die einzelnen Themenbereiche möglichst ins Freie zum jeweiligen Ort transferiert. So kann Jede*r, der/die dort vorbeikommt, auch einmal einen Blick darauf und auf die inzwischen gewandelte Umgebung werfen. Es würde nicht nur den Leseaufwand angenehm reduzieren. Man sähe zugleich sehr genau, wie und wo sich die Vorstellungen der Bewohner des Prenzlauer Bergs von 1989/90 verwirklicht haben – oder auch nicht. Gentrifizierung ist ja gerade auch in Berlin kein unbekannter Begriff. Nehmen wir z.B. den Ausstellungsbereich zum Helmhotzplatz. 74,70 DM Miete hat vor der Wende in der Gleimstraße eine Wohung mit 3 Zimmern, Bad, Küche, 2 Kammern, Loggia (was immer das war), Korridor, Ofenheizung gekostet. Dafür ließ sich wenig restaurieren. Entsprechend haben die Straßenzüge, Häuser und Wohnungen ausgesehen. Und heute? Wie schaut’s jetzt aus, was kostet’s, wer wohnt inzwischen da. Das ließe sich jeweils prächtig vor Ort historisch veranschaulichen und durch aktuelle Infos ergänzen, zumal die Ausstellung sowieso fast nur aus Text- und Bilddokumenten besteht. Insgesamt haben wir eine interessante Ausstellung vor uns, aber mitsamt den Veränderungen bis in die Gegenwart wäre sie im Freien jeweils vor Ort besser aufgehoben.