Nürnberg Spielzeugmuseum – Spielzeug der Türkei

Besuch am Sonntag, 28.1.2024, ca 45 Minuten. Die Sonderausstellung ‚Spielzeug der Türkei – Sunay Akins Schätze‘ umfasst etwa 140 Exponate des Spielzeugmuseums Istanbul, das wie zwei weitere Spielzeugmuseen in derTürkei von Sunay Akin gegründet wurde. Die Ausstellung ist noch bis zum 24.4.2024 zu sehen. Trägerin des Spielzeugmuseums ist die Stadt Nürnberg.

Blick in die Ausstellung; Foto: Gerd Walther

Sunay Akin wird als Mann mit vielen Berufen vorgestellt, als Museumsgründer, Journalist, Schauspieler, Kulturwissenschaftler, Radio- und Fernsehmoderator. Darüber hinaus ist er, was wichtig ist, Geschichtenerzähler und Dichter. 1989 lernte er bei einem Besuch im Nürnberger Spielzeugmuseum als Erwachsener seine Liebe zum Spielzeug (wieder?). Ein in Berlin erworbenes weißen Pferdchen stellte er daraufhin in Istanbul seiner Frau mit den Worten vor, es sei das erste Stück des Istanbuler Spielzeugmuseums. Es stand dann lange Zeit in der Wohnung herum und wenn es jemand anfassen wollte, hieß es: „Nicht anfassen. Das ist ein Museumsstück.“ Auch seine Kinder gewöhnten sich (wohl) an die vielen alten Spielsachen, mit denen sie nicht spielen durften. Zudem ist eine Geschichte in der Ausstellung wichtig, Christian Andersens Märchen ‚Der standhafte Zinnsoldat‘, in den sich Akin bei seinem Besuch in Nürnberg hineinträumte, bis er wie der einbeinige Zinnsoldat mit einem Papierschiffchen auf der Pegnitz fuhr. Dem Märchen von 1838 verpasste sein deutscher Übersetzer A. Graf Baudessin 1841 den Untertitel ‚Kein Kindermärchen‘.

Die Ausstellung besteht aus sieben großen Vitrinen und etwa 10 kleinen für jeweils ein Spielzeug, 12 abwechslungsreich gestalteten Text- und Bildtafeln, immer in türkisch und deutsch gehalten. Hinzu kommt eine Diashow mit Texten Akins, wobei man nicht weiß, ob die Dias absichtlich oder unabsichtlich keinen fortlaufenden Text bilden. Am anderen Raumende liegt ein Spielbereich für Kinder, weiß auf schwarz gehalten. Begrüßt wird man von einem offenen Lastwagen aus Holz, wie viele der ausgestellten Spielsachen mit dem Hinweis ‚handgemacht‘ versehen. In seine Ladefläche ist eines der vielen Bücher Sunay Akins hineingestellt. Übersetzt lautet der Titel ‚Spielzeug, das wir kaputt gemacht haben‘.

Der Spielbereich der Ausstellung; Foto: Gerd Walther

Auf den ersten schnellen Blick ist es eine Ausstellung nach der Devise ‚Nicht anfassen, das sind Museumsstücke‘. Alles ist in Vitrinen. Doch dieses Schema bricht auf durch die oft mit einzelnen Exponaten kommunizierenden Texte, die Geschichten aufblitzen lassen. So kommt man etwa von der Beschreibung einer Besenpuppe, handgemacht aus einem Reisstrohbesen als langem Rock, ein paar Stoffen, einem aufgemalten Gesichtchen über die Rolle des Besens im anatolischen Volks- und Aberglauben zum türkischen Sprichwort: „Der neue Besen kehrt sauber, aber der alte Besen kennt alle Ecken“. Oder man lernt die Spielzeugmacher des Istanbuler Stadtteils Eyüp kennen, deren meist aus Resten hergestelltes Spielzeug schon in den 1930er Jahren gegen die Produkte der aufkommenden Spielzeugfabriken des In- und Auslands immer weniger Chancen hatten. Oder man bestaunt die hübschen anatolischen Puppen der Firma ‚Fatos Toys‘, die in den Regalen der Händler verstaubten, weil die Kinder Puppen mit Tennisschlägern, Sporttaschen oder Schminkutensilien wollten. Kinder haben nun mal kaum eine Vergangenheit, aber sehr viel Gegenwart und Zukunft. Hinzu kommen viele auch große Fotos von Kindern, die, wenn die Aufnahmen älter sind, aussehen wie kleine Erwachsene, wie Erwachsenenpuppen mit Kindergesichtern.

Bisher war es eher eine Ausstellung für Erwachsene. Am Ende liegt der – ungemein niederschwellige – Spielbereich. Schwarze Wände, zwei weiße Leinwände, ein Tisch mit zwei Overhead-Projektoren. Dazu einige Klötzchen, Türme, Brücken, Figürchen, die man auf die Glasplatte der Projektoren legt und so Häuser, Sterne, Blumen oder sonstwas baut. Kind begreift das sofort. Dass man das Zusammengelegte wie bei einem Schattenspiel dann groß auf den Leinwänden sehen kann, fanden die Kinder „cool“. So einfach geht spielen, wenn man kreativ ist und gute Ideen hat. Ab und zu räumen dann die (häufig türkischen) Muttis die Klötzchen ein wenig auf. Fast so, wie im richtigen Leben. So soll Museum ein. Die Macher*innen der Spielzeugmuseen in Istanbul und Nürnberg haben eine sehr spannende, intensive, interessante Ausstellung, die reich an Anregungen ist, geschaffen. Man sollte sich dazu Zeit lassen.